Unpassend. Die Kontrolle über ihren Körper entglitt Christiane Neuhaus (32, Name geändert) in einem Moment, als sie es am wenigsten gebrauchen konnte. „Unsere Abteilung war gerade umstrukturiert worden“, erzählt die Bankangestellte aus Bochum. „Nach einem Umzug ins neue Gebäude vor drei Jahren waren die Kollegen und ich dabei, das Büro zu beziehen, uns kennenzulernen und neu einzurichten. Und genau in diesem Moment öffnete mein Körper die Schleuse.“
Verdacht. Von einem Tag zum anderen verhinderten heftige Krämpfe, wässrige Durchfälle und quälende Schmerzen, dass die sportliche, zielstrebige Frau ihre Wohnung auch nur für zehn Minuten verlassen konnte. „Erst nach drei, Tagen fühlte ich mich so stabil, dass ich zum Dokor konnte.“
Erste Hilfe. Der Hausarzt vermutete einen Darmvirus, empfahl Weizenkleie und Joghurt, um der angegriffenen Darmflora zu helfen. „Ansonsten sollte ich viel trinken, fette und schwere Speisen meiden. ,Geduld – das gibt sich’, munterte mich der Doc auf“, erinnert sich Christiane Neuhaus.
Belastung. Tatsächlich wurden die Beschwerden zunächst besser. Statt acht bis zehnmal pro Tag musste die junge Frau nur noch drei bis viermal groß zur Toilette. Doch richtig gut – so wie früher – wurde es nicht. Im Gegenteil. Besonders in Stress-Situation verstärkten sich Bauchgrummeln, Schmerzen und Co.
Sensibel. Dazu kam: Speisen, die Christiane in einem Monat gut vertrug, konnten im nächsten unangenehme Krämpfe, Blähungen und Durchfälle hervorrufen. „Am besten war es dann, wenn ich mich mit meiner Wärmflasche zu Hause zurückzog. Manchmal war der Bauch so verspannt, dass ich mich kaum aufrichten konnte und quasi auf allen Vieren durch die Wohnung kriechen musste. Spätestens dann war ich wieder beim Arzt.“
Suche. So begann der übliche Diagnose-Marathon. Zuerst musste die junge Frau zum Gynäkologen. Anschließend zur Darmspiegelung. Gefunden wurde nichts: „Sie sind kerngesund. Ihr Darm weist keine erkennbare Veränderungen auf. Vermutlich leiden sie am Reizdarm-Syndrom“, fasste der Hausarzt die Untersuchungsergebnisse zusammen.
Selbstbeobachtung. „Ich probierte laufend neue Lebensmittel aus, machte Diäten, trank Kamillentee, schluckte Bierhefen aus der Apotheke – ohne die geringste Besserung. Gut ging es mir im Urlaub. Dann musste ich nur ein bis zwei Mal zur Toilette pro Tag. Doch schon der Weg dorthin war für mich wie ein Spießrutenlauf. Damit ich am An- und Abreisetag im Flugzeug nicht ständig zur Toilette musste, holte ich mir ,Loperamid’ aus der Apotheke, ein Durchfall-Mittel, das die Darm-Peristaltik lähmt.“
Überweisung. Als Christiane Mitte 2018 ihrem Hausarzt davon erzählt, reicht es dem Mediziner. Da die junge Frau auch noch unfreiwillig Gewicht Gewicht verloren hat und sie kaum ihr Leben genießen kann, schlägt der Arzt ihr einen zehntägigen Aufenthalt in der Naturheilkunde-Abteilung der Klinik Blankenstein in Hattingen vor.
Integriert. Das besondere an der Einrichtung nahe Bochum: Die 60-Betten-Abteilung ist in einem Krankenhaus integriert und behandelt vornehmlich chronisch- und langzeiterkrankte Patienten, die im ambulanten Bereich keine ausreichende Besserung erfahren haben.
Eva-Problem. „Frauen sind tatsächlich deutlich häufiger von wiederkehrenden Bauch-Beschwerden betroffen“, weiß Oberarzt Stefan Fey (54) zu berichten. „Insbesondere in den letzten Jahren beobachten wir das zunehmende Problem des stressgetriggerten Reizdarms – eine Diagnose, die schulmedizinisch ein Schattendasein führt.“
Diffus. Typisch für die fieberlosen Verdauungs-Beschwerden ist der Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, Bauchschmerzen und Blähungen. Um individuell die richtige Therapie zu finden, wird in der Klinik Blankenstein auf die rationale Naturheilkunde gesetzt – das sind ganzheitliche Verfahren, die sich im Rahmen von Studien gut bewährt haben.
Soforthilfe. „Als Akutmittel gegen den Durchfall bekam ich z.B. ultrafeines Teknosalpulver zur täglichen Einnahme verordnet“, erinnert sich Christine „In der ersten Woche nahm ich täglich drei mal zwei, inzwischen drei mal einen Messlöffel des weißen Puders.“
Hintergrund. Eine Untersuchung an der Klinik hatte erst vor kurzem ergeben, dass Enteroteknosal Blähungen, Durchfall und Schmerzen deutlich vermindern kann. „Durch die spezielle Aufbereitung wird die Oberfläche des Siliciumdioxids extrem vergrößert. So können Giftstoffe im Darm gebunden und gleichzeitig die Schleimhaut gepflegt werden,“ erläutert Oberarzt Dr. Fey.
Pflanzlich. Wärme – als Hausmittel bei Bauchschmerzen seit Jahrhunderten bewährt –nutzt auch der Schafgarben-Wickel, den Christiane auf Station regelmäßig bekommt. Und die Heilpflanze kann noch mehr: Sie gehört zu den ältesten „Gesundmacher“ der Welt, wirkt Appetit- und gallefördernd, blähungs- und entzündungshemmend. Äußerlich als Wickel wirkt die Schafgarbe entkrampfend. Dazu ziehen 100 Gramm des Krauts für 20 Minuten in einem Liter heißen Wasser.
Ernährung. Im dritten Behandlungsschritt geht es bei der jungen Patienten um Entlastung bei der Ernährung. Dazu gibt es erstmal fünf Tage lang eine Kartoffel-Reis-Diät. Anschließend erhält sie bei der Diplom-Oecotrophologin Tanja Pötschke (44) eine ausführliche Beratung, in der ihr einerseits die vollwertige, mediterane Kost vorgestellt wird; andererseits aber auch individuelle Punkte wie Vermeidung von Mangelzuständen, Mineralstoffversorgung und Nahrunsmittelunverträglichkeiten angesprochen werden.
Entschleunigung. Der vierter Therapie-Baustein zielt auf den besseren Umgang mit Stress. Rosenblütenbäder in der traditionsreichen Bäderabteilung der Klinik fördern den Einstieg in die Entspannung. Anschließend lernt Christiane, wie sie „Entschleunigung“ auch per progessiver Muskelrelaxation nach Jacobsen regelmäßig zu Hause herbeiführen kann.
Wirkung. Der Effekt der Kombitherapie ist erstaunlich. Dank des Teknosalpulvers verschwindet der Durchfall innerhalb von einer Woche. „Vorher wurden auch die allgemeinen Beschwerden wie Blähungen besser“, strahlt sie. „In der zweiten Woche kehrte dann auch in meinem Blubber-Bauch zum ersten Mal seit drei Jahren richtige Ruhe ein. Heute muss ich nur noch ein- bis- zweimal zur Toilette.“
Vier Fragen an Dr. med. Stefan Fey (54), Oberarzt der Klinik für Naturheilkunde
Woran erkenne ich das Reizdarm-Syndrom? Typisch für den „nervösen Bauch“ ist der Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, Bauchschmerzen und Blähungen. Reizdarm ist nicht bösartig oder ansteckend und führt auch nicht zu Krebs. Doch wenn gleich die Lebenserwartung nicht eingeschränkt ist, ist die Lebensqualität häufig stark beeinträchtigt.
Wann sollte ich zum Arzt? Halten Verdauungsbeschwerden länger als 14 Tage an, sollten diese generell ärztlich kontrolliert werden. Sofort zum Arzt sollten Sie bei Alarmsymptomen wie Fieber, Gewichtsverlust, Blut im Stuhl, bei heftigen Schmerzen oder Krämpfen. Gleiches gilt wenn wässriger Durchfall länger als zwei, drei Tage anhält.
Welche Heilpflanzen können mir helfen? Wenn Laboruntersuchungen, Ultraschall und Darmspiegelung ohne Befund bleiben, hat sich gerade bei Reizdarm die „rationale“ Phytotherapie mit Myrrhe bewährt. Außerdem setzen wir auf die Schafgarbe und Kümmel-Fenchel-Anis im typischen Verdauungstee.
Was kann ich noch selber tun? Unser täglicher Stress schlägt uns gleich doppelt auf den Bauch. Zum einen kauen wir schlechter – und große Nahrungsbrocken sind schwerer verdaulich. Zum anderen wird unter Dauerstress das vegetative Nervensystem belastet. Dies steuert u.a. die Verdauung. Deshalb schlägt seelische Belastung direkt auf den Darm. Ein gutes Gegenmittel ist regelmäßige Entspannung – z.B. per Autogenem Training. Aber auch Bewegung zum Stressabbau.
Reizdarm: Frauen sind doppelt so oft betroffen
Frisches Obst, knackiger Salat, leckeres Gemüse – 17 Millionen Deutsche können davon nur träumen. Vielen bereitet gerade das aktuelle Marktangebot Bauchschmerzen: Obwohl medizinisch diagnostizierbare Veränderungen (z.B. durch eine Darmspiegelung) fehlen, leiden sie schmerzhaft unter Völlegefühl, Übelkeit, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Typisch ist, dass seelische oder körperliche Belastungen die Beschwerden verstärken. Experten vermuten eine angeborene Übersteuerung des vegetativen Nervensystems.
Selbsthilfe: Ruhe im Bauch
Das können Sie tun: Tagebuch führen. Notieren Sie, was Beschwerden verursacht und vor allem wann sie auftreten (Tages- und Arbeitsrhythmus, Stress, Essen, Medikamente).
Locker lassen: Verringern Sie berufliche oder private Dauerbelastungen. Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training helfen Ihnen, den Alltagsstress besser zu „verdauen“.
Bewusster Essen: Trinken Sie mehr Wasser und Kräutertees – beispielsweise Pfefferminze, Kümmel oder Anis. Das verhindert quälende Verstopfungen, beruhigt den Darm und gleicht die Flüssigkeitsverluste aus. Joghurt und Buttermilch stabilisieren die Darmflora und reguliert die Verdauung.
Wärmen & bewegen:Wärmflasche und feuchte Wickel lösen Verspannungen und Krämpfe. Kamillentee beruhigt den Darm. Bewegung löst verspannte Muskulatur, stärkt die Darmfunktion.
Schnelltest: Reagiert Ihr Darm gereizt?
- Leiden Sie wiederholt unter Bauchschmerzen bzw. -krämpfen, Blähungen oder Durchfall bzw. Verstopfungen?
- Bestehen die Beschwerden länger als drei Monate und treten sie an mindestens drei Tagen pro Monat auf?
- Hat sich mit Beginn Ihrer Leiden auch die Häufigkeit Ihres Stuhlgangs verändert?
- Hat sich mit Beginn Ihrer Beschwerden auch die Beschaffenheit Ihres Stuhlgangs verändert?
- Bessern sich Ihre Beschwerden nach dem Stuhlgang?
Auswertung:
Wenn Sie Frage 1 und eine weitere Frage mit Ja beantwortet haben, könnte dies auf einen Reizdarm hinweisen. Zur genaueren Klärung, sollten Sie einen Arzt aufsuchen – auch um andere Krankheiten auszuschließen.
Klinikkontakt:
Klinik Blankenstein, Klinik für Naturheilkunde, Direktor: Prof. Dr. med. André-Michael Beer, Im Vogelsang 5 – 11, 45527 Hattingen, Tel.: 02324/396-72485
Wichtig: bei der vorgestellten Patienten-Reportage handelt es sich um einen Einzelfall. Der individuelle Behandlungsbericht erhebt nicht Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Bitte beachten Sie, dass meine Artikel in keinem Fall eine Beratung durch den Arzt oder Apotheker ersetzen. Dieser Blog dient allein der medizinjournalistischen Information.