Frust. An die Rockanprobe vor einem Jahr mag sich Sandra Schulte nur noch ungern erinnern. Eine dicke, häßliche Krampfader an der rechten Kniekehle verunstaltete das gesamte Bein der Apothekenhelferin. Lust auf Sommer kam so nicht nicht auf.
Berufsrisiko. Schon seit Jahren litt die 30-jährige Düsseldorferin unter dem Gefühl schwerer, geschwollener Beine und Schuhe, die langsam zu Schraubstöcken wurden. „In meiner Apotheke bin ich stundenlang auf den Beinen. Da ist es ganz normal, dass nach einem anstrengenden Arbeitstag Fuß und Fesseln abends fast immer dick waren.“
Selbsthilfe. Ihr wichtigstes Hausmittel waren kalte Güsse. Gleich morgens in der Dusche. Und nach Feierabend legte die blonde Frau aus Düsseldorf routinemäßig die Beine hoch – „den Tipp hatte ich vor Jahren von einer älteren Kollegin bekommen“, berichtet sie. „Trotzdem bildete sich irgendwann in der Kniekehle die erste dunkelviolette Schlangenlinie unter der Haut.“
Zuspitzung. Dann kam der Sommer 2013 und Beschwerden, wie sie Sandra Schulte bislang nicht erlebt hatte. „Je wärmer es wurde, um so mehr spannten die Waden. Oft traten am frühen Vormittag Beschwerden auf. Einen Rock möchte ich überhaupt nicht mehr tragen. Außerdem kamen gleich zwei neue Besenreiserchen dazu.“
Überweisung. Zwei Wochen hoffte die junge Frau vergeblich darauf, dass die dicken Beine genauso rasch, wie sie gekommmen waren, wieder verschwinden würden. Beim Stadtbummel über Düsseldorfs Einkaufsmeile im Kö-Center entdeckt sie dann das Beratungszentrum des Venenzentrums Nordrhein-Westfalen. Kurz entschlossen ging sie hinein.
Fortschrittlich. In dem Venenzentrum Nordrhein-Westfalen hat man sich auf die so genannte Stadien-gerechte Therapie von schwachen Venen spezialisiert. Statt Defekte langstreckig zu entfernen, versuchen die Gefäßchirurgen an der Capio Klinik im Park in Hilden, möglichst viel gesundes Gefäßmaterial zu erhalten. Dabei hilft ihnen seit kurzem die sogenannte „Extraluminale Valvuloplastie“ (EXVP) – die Ummantelung der oberen Beinvene per biokompatiblem Flies.
Hintergrund. Venen sind zarte Wunderwerke der Natur: nicht nur, dass sie im Gegensatz zu den Arterien – ihren muskelbepackten Schwestern – das Blut gegen die Erdanziehungskraft nur durch Unterdruck zurück zum Herzen transportieren. Auch dienen sie seit gut 50 Jahren als kostbares Ersatzmaterial, wenn am Herzen ein verstopftes Kranzgefäß überbrückt werden muss.
Mode. Trotzdem ist die komplette Entfernung – das so genannte Stripping – bei Krampfadern tägliche Routine. Schlimmer noch: seitdem moderne Laserverfahren nicht einmal mehr die Entfernung des Gefäßes notwendig machen, schießen immer mehr „Laserzentren“ aus dem Boden, in denen die wertvollen Gefäße wie am Fließband ambulant verschlossen werden. Ergebnis in beiden Fällen: danach ist die Vene hin.
Neuerung. Am Venenzentrum Nordrhein-Westfalen setzt man dagegen auf „stadien-gerechte Behandlung“ von schwachen Venen, sprich so viel wie nötig, so schonend wie möglich. „Wenn sich durch Dauerstehen- oder –sitzen, Schwangerschaft oder Übergewicht das Blut in der Vene staut, heißt das anfangs nicht, dass das gesamte Gefäß defekt ist“, erklärt Chefarzt Dr. Horst Peter Steffen. „Meist fängt das Aufweiten der Venen in der Leiste an, setzt sich über Monate bis Jahre in Richtung Fuß fort.“
Genial. Deshalb kamen Deutsche Ärzte bereits vor einigen Jahren auf die Idee, über einen kleinen Schnitt in der Leiste die ausgeleierte Vene mit einem Kunststoffmantel zu umhüllen, um so ein Fortschreiten der Gefäßerkrankungen aufzuhalten. „Inzwischen belegen Studien, dass mit Hilfe des inneren Stützstrumpfs nicht nur die Verschlussfunktion der Venenklappe wiederhergestellt werden, sondern der Verlauf der Krankheit positiv beeinflusst werden kann und Patienten durch Verbesserung der Stauungsbeschwerden einen spürbaren Behandlungs-Erfolg haben,“ ermutigt Dr. Steffen.
Effekt. Tatsächlich profitieren auch die nachfolgenden Klappensegel von der oberen Entlastung: die Klappen des gesamten Beines schließen besser und eine anfängliche Venenschwäche bildet sich vielfach zurück – gerade im Frühstadium, wenn trotz Blutstaus die oberflächlichen Bein-Venen noch nicht überdehnt sind.
Sanfter. Sandra Schulte war sofort vom neuen Verfahren überzeugt. Und auch für die Krampfader in der Kniekehle konnte Gefäßchirurg Dr. Steffen etwas neues vorschlagen. Den Einsatz des Radiallasers. „Durch einen kleinen Zugang wird ein dünner Lichtleiter in die Venen vorgeschoben. Das gebündelte, energiereiche Licht verschweißt von innen das Gefäß“, erläuterte er. „Den Abtransport des Blutes übernehmen dann so genannte Kollateralgefäße. Diese ‚biologischen ,Bypasses’ werden nach dem Eingriff vom Körper selbst ausgebildet und arbeiten deutlich besser als ein defekte Gefäß.“
Termin. Nachdem die Düsseldorferin von ihrer Krankenkasse eine Kostenübernahme erhalten hatte, war es im April diesen Jahres soweit. Um halb acht kam sie ins Venenzentrum. Dort zeichnete Dr. Steffen den zu operierenden Bereich an. Anschließend wurde das Bein desinfiziert und örtlich betäubt.
Entspannt. Den Eingriff selbst erlebt Stefanie ziemlich entspannt: „Ich spürte zwar, dass das Bein bewegt wurde, doch Schmerzen oder Stiche spürte ich nicht. Nach 30 Minuten war alles überstanden und das Bein wurde straff gewickelt.“
Ambulant. Nach einer kurzen Verschnaufpause im Ruhebereich kommt sie aufs Zimmer, darf dort die ersten paar Minuten herumlaufen. „Der Wechsel zwischen 40 bis 50 Minuten Liegen und 10 bis 20 Minuten herumlaufen wiederholte sich dann bis zum Nachmittag noch ein paar Mal“, erzählt sie. „Um 16 Uhr kam Dr. Steffen zur Abschlusskontrolle. Danach konnte ich nach Hause.“
Nachkontrolle. Beim Kontrolltermin am nächsten Tag wird bei Stefanie der Verband gewechselt. Statt eines festen Beinwickels bekommt sie einen Kompressionsstrumpf. „Danach konnte ich wieder zur Arbeit“, strahlt die junge über den raschen Heilungserfolg. „Ich habe dann zwar noch eine Woche möglichst häufig die Beine hochgelegt, aber Schmerzen hatte ich keine mehr. Heute ist das Thema für mich erledigt. Zur Feier des Tages habe ich mir gleich einen neuen Sportdress gekauft – denn endlich mag ich wieder Bein zeigen!“
Drei Fragen an Dr. Horst Peter Steffen (47), Chefarzt des Venenzentrums Nordrhein-Westfalen an der Capio-Klinik Hilden
Warum sollten Krampfadern generell früher behandelt werden?
Varizen – wie wir Ärzte Krampfadern nennen – sehen nicht nur hässlich aus, sondern schädigen durch den Blutstau auf Dauer das umliegende Gewebe – bis hin zum offenen Bein. Durch langes Sitzen oder Stehen steigt zusätzlich das Risiko, dass das Blut in den Venen verklumpt. Es kann zu Thrombose oder gar Embolien kommen. Je eher wir behandeln, desto unwahrscheinlicher sind diese Folgebeschwerden. Erreicht wird das mit einer modernen, stadiengerechten Therapie
Wie wirkt der neue Venen-Patch?
Die kleine Kunststoffmanschette, die um die erweiterte Vene gelegt wird, funktioniert im Prinzip wie ein innerer Kompressionsstrumpf. Das hauchdünne Material schmiegt sich elastisch um die bindegewebsschwachen Venen und hält sie in Form. Dadurch erhält die Vene wieder ihren normalen Venendurchmesser und die Klappenfunktion in dem operierten Venenabschnitt ist wiederhergestellt.
Wie erkennen Sie, dass ich für den Eingriff geeignet bin?
Im Venenzentrum Nordrhein-Westfalen wird die Voruntersuchung ambulant durchgeführt, dauert ca. 30-40 Minuten. Per „Doppler und Duplex-Ultraschall“ wird die Blutbewegung sowohl hörbar als auch auf einer Kurve sichtbar erfasst. Mit Hilfe der Venenverschlußplethysmographie lässt sich die Durchblutung in den Extremitäten dann ganz genau ermitteln. Eine Valvuloplastie kommt generell in Frage, solange der Durchmesser der Vene in der Leistengegend nicht größer als zwölf Millimeter ist.
Seit November 2009 ist Dr. Horst Peter Steffen Chefarzt der Capio Klinik im Park in Hilden (nahe Düsseldorf) nach langjähriger gefäßchirurgischer oberärztlicher Tätigkeit an Lehrkrankenhäusern der Universität Hamburg und München.
Die Rekonstruktion von Venenklappen, die operative Behandlung des offenen Beins und die Therapie von Krampfadern mit allen medizinisch sinnvollen Verfahren zählen zu den Fachgebieten des 47-jährigen Spezialisten. Dabei kann Dr. Steffen auf langjährige Erfahrung und gefäßchirurgisches Know-how zurückgreifen. Verschiedenste Therapieverfahren und die hochmoderne Ausstattung der Klinik, die in diesem Jahr ihre 30jähriges Bestehen feiert, tragen zum Erfolg bei.
Hierzulande haben rund 15 Millionen Frauen eine Venenschwäche. Nicht nur, dass sich ihre Beine müde und schwer anfühlen, die Knöchel dick geschwollen sind und Krampfadern und Besenreiser hervortreten. Wer schwache Venen hat, hat ein höheres Risiko an Thrombosen oder einer Embolie zu erkranken.
Überlastung. Langes Stehen und wenig Bewegung sind Gift für die Beine. Das Blut staut sich, die Venen werden überdehnt, die Klappen überlastet, die doch für den Blut-Rücktransport zum Herz sorgen sollen.
Selbsthilfe: Sport ist das A und O für gesunde Venen und schlanke Beine. Schwimmen, Radeln, Laufen, Walken und Tanzen sind ideal.
Professionell: Täglich Venengymnastik aktiviert die Muskelpumpe, entstaut und beugt Blutgerinnseln vor. Extratipp: Gehen Sie zu Hause möglichst oft barfuss.
Strümpfe: Moderne Kompression bleibt weiterhin die Basis jeder Venenbehandlung. Perfekt sitzende Stümpfe geben den Venenklappen neuen halt, so dass sie wieder richtig schließen können. Ein Versacken des Bluts in den Beinen wird so verhindert. Keine Sorge: Zum Anziehen gibt es gute Hilfen.
Mehr Infos: Kontakte & Kosten
In ganz Deutschland bieten derzeit nur circa fünf Kliniken mit gefäßchirurgisch-phlebologischem Schwerpunkt das schonende, venenerhaltende OP-Verfahren an. Der Eingriff sollte in jedem Fall an einem Zentrum mit routinierten Venenchirurgen erfolgen
Kosten: Das Venenzentrum Nordrhein-Westfalen hat eine Zulassung für alle gestzlichen und privaten Krankenkassen. Die Behandlung wird von allen Kassen bezahlt.
Kontakt: Capio Klinik im Park, Venenzentrum Nordrhein-Westfalen, Hagelkreuzstraße 37, 40721 Hilden, Internet: www.capio-klinik-im-park.de, Infotel.: 02103-896-0, Privatsprechstunde: 02103-896-189 (Sekretariat Frau Nora Röhrig)
© André Berger