Durchblutungsstörung einfach per Mini-Laser aufgelöst

Beschwerden_Beinschmerzen4Vergangenheit. Ihre letzte Zigarette hatte sie im letzten Jahrtausend geraucht – genauer Sylvester 1999. Deshalb brachte Inka Langholz (53) zuerste die Beschwerden im rechten Bein auch nicht mit dem längst überwunden geglaubten Laster in Verbindung.

Vorsatz. „Von meinem 17ten bis zu meinem 37 Lebensjahr kamen passend zu viel Kaffee am Tag leider das eine oder andere Zigaretten-Päckchen zusammen“, erinnert sich die Speditionskauffrau aus Jena. „Aber dann erkrankte mein Großvater an der so genannten Schaufenster-Krankheit. Da beschloss ich, die Milleniums-Feier als Start in ein gesünderes Leben zu nutzen.“

Beschwerden_BeinschmerzenWarnung. Tatsächlich gelang es Inka Langholz, sich an ihre guten Vorsätze zu halten. Auch weil sich die Krankheit des Opas dramatisch weiterentwickelte: Erst musste das eine, dann das andere „Raucherbein“ amputiert werden. „Zwei Jahre später war Opa tot – für mich Warnung genug, nie wieder mit dem Rauchen anzufangen.“

Hinken. Vor zwei Jahren bei einem Spaziergang zum Jenaer Ausflugsziel „Bismarckturm“ bemerkte Inka dann, dass ihr das Gehen immer schwer fiel. „Es stellte sich ein Druck im Unterschenkel ein, der mit jedem weiteren Schritt stärker und schmerzhafter wurde. Wenige Monate später zwang mich unangenehmes Brennen in der Muskulatur nach nur zehn Minuten zum zeitweiligen Hinken. Besser wurde es erst, wenn ich stehen blieb.“

Diagnostik_FusspulseDiagnose. Da diese so genannte Schaufensterkrankheit (medizinischer Fachbegriff: Claudicatio intermittens) schlimmer und schlimmer wurde, überwies im Sommer 2014 der Hausarzt Inka Langholz an einen Gefäßspezialisten – den Angiologen. Eine Ultraschall-Untersuchung brachte ein dramatisches Ergebnis: die Becken-Oberschenkel-Arterie wies über 30 Zentimeter eine Verkalkung auf. Die 20 Packungsjahre hatten bei der Ex-Raucherin ausgereicht, den Prozess der Arteriosklerose ganz erheblich zu beschleunigen.

Arztgespraech_GefaesseOperation. „Der Angiologe riet mir zum Knie-Bypass. Dazu wird eine überflüssige Vene aus dem Bein entnommen, dann oberhalb und unterhalb der Gefäßverengung an die Schlagader angeschlossen“, berichtet Inka Langholz. „Doch ich hatte Angst vor einem solchen großen Eingriff, für den fast das halbe Bein aufgeschnitten werden muss. So beschloss ich, mich erst noch einmal umzuhören.“

Experte_Excimerlaser3Hoffnung. Als die Symptome bereits nach 100 Metern auftreten, stößt sie Mitte 2015 beim Googlen auf das Institut für Interventionelle Radiologie in Jena, wo seit kurzem Gefäßveränderungen bis runter zu drei Millimetern per Katheter minimal-invasiv behandelt werden – unter anderem per neuem Excimer-Laser.

Lasereingriff_Katheterlabor7Vorteil „Der Vorteil des extrem gebündelten, energiereichen Lichts ist, dass mit jedem Schuss des Excimer-Lasers die kalkhaltige Plaque Millimeter für Millimeter verdampft wird“, erläutert Professor Ulf Teichgräber. „Statt mit einem Draht und viel Kraft die Engstelle zu öffnen, schmilzt sich der Laser seinen Weg quasi frei. Statt anschließend per Ballon die Ader mit sechs bis acht Atü aufzubrechen, reichen uns oft zwei oder drei Atü, um das Gefäß auf den alten Durchmesser zu dehnen. Da die Gefäßwände bei diesem Eingriff weit weniger verletzt werden als nur mit Draht und Ballon, erhoffen wir uns, das die Gefahr eine erneuten Gefäßverschlusses, der Re-Thrombose, gesenkt wird.“

Therapie_Erfolg3Schnell. Der circa 45-minütige Eingriff wird bei Inka Langholz unter Vollnarkose im Januar 2016 durchgeführt. Mit einem Druckverband in der Leiste – zum sicheren Verschluss des Zugangs – kommt die Frau wieder zu sich. Bereits am nächsten Tag darf sie wieder aufstehen, kann schmerzfrei den Krankenhausflur heruntergehen.

Schmerzfrei. „Der Erfolg war erstaunlich“, strahlt sie jetzt bei der Nachuntersuchung. „Quasi augenblicklich war das Bein warm und gut durchblutet. Ich konnte mit dem Gehtraining und regelmäßigem Sport beginnen. Inzwischen fühle ich mich so fit, wie seit Jahren nicht mehr. Das Thema Beinschmerzen ist – dank des Lasers – für mich vom Tisch!“

 

Drei Fragen an Professor Ulf Teichgräber (46):

 Experte_ProfTeichgraeberjpgWoran erkenne ich einen Gefäßverschluss in den Beinen?

Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit handelt es sich um eine Störung der Durchblutung – zu 90 Prozent in den Beinen und nur zu zehn Prozent in den Armen. Alarmsignale sind Krämpfe, einseitige Schmerzen in Gesäß, Oberschenkel oder Wade, da die Muskulatur zu wenig Sauerstoff bekommt. Oder Gewebeveränderungen wie ein offenes Bein.

Diagnostik_BildAb Stadium II wird die Gehstrecke betroffen. Die Schmerzen zwingen immer früher zum Stehenbleiben – im Stadium IIb bereits nach weniger als 200 Meter. Daher auch der Name: „Schaufensterkrankheit“.

Klingt unangenehm – aber was ist daran so lebensgefährlich?

Der Verlauf. Bereits im Stadium III treten die Schmerzen in Ruhe auf und in Stadium IV kommt es zum Absterben von Gewebe. Eine Amputation ist dann oft die einzige Rettung.

Tragisch: Nach einer Amputation sterben über sechs von zehn Betroffenen innerhalb der nächsten fünf Jahren.

Wann kommt der Laser zum Einsatz?

Experte_Excimerlaser5Wenn wir während des Eingriffs sehen, dass wir zwar mit dem Führungsdraht durchkommen, aber wegen starkter Gefäßverklakungen den Ballonkatheter nicht mehr durch die Ablagerungen hindurch schieben können, greifen wir auf den Laser zurück. Das war früher bereits in den weiteren Gefäßabschnitten im Obeschenkel möglich. Inzwischen wurde die Faser so verkleinert, dass wir auch am Unterschenkel uns den Weg „freischießen“ und so zu einem besseren Blutfluss sorgen können.

Die Erkrankung: Früher erkennen

Gefaessverschluss2Fünf Millionen Deutsche leiden an Durchblutungsstörungen der Beine. Unbehandelt sinkt durch die Gefäßverkalkung die Lebenserwartung um zehn Jahre. Deshalb ist eine frühzeitige Therapie so wichtig.

Fakt ist: Neben Rauchen führen vor allem Fehlernährung und Bewegungsmangel, aber auch Veranlagung, Bluthochdruck, Diabetes und ein erhöhter Blutfettspiegel dazu, dass sich aus einer Schädigung der Gefäßinnenwand die folgenschwere Ablagerung bildet

Diagnose: Einfach gemessen werden kann die Krankheit mit dem so genannten Knöchel-Arm-Index, bei dem sowohl an beiden Handgelenken, als auch bei den Fußgelenken der Blutdruck gemessen wird. Unterschiedliche Werte geben Alarm.

 

Experte_Vorher-Nachher2Der Arzt: Katheter-Spezialist
Prof. Ulf Teichgräber (46) ist ein so genannter „interventioneller Radiologe“, das heißt er setzt Bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen nicht nur zur Diagnose, sondern auch zur Behandlung von Krankheiten ein, in dem er „unter Röntgensicht“ mit Kathetern vor allem Gefäßveränderungen in Bein, Becken, Niere oder Halsschlagadern behandelt.

 

Selbsthilde_GehtrainingVorbeugung: So laufen Sie der Schaufensterkrankheit davon

Die Verkalkung der Gefäße ist kein unabwendbares Schicksal. Sie wird durch Faktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen beschleunigt. Turbobooster ist Diabetes.

Blutfettspiegel senken: Meiden Sie möglichst fettes Fleisch, Eier und Sahne, verwenden Sie statt dessen pflanzliche Öle. Regelmäßige körperliche Aktivität erhöht das gute HDL-Cholesterin und senkt das schlechte LDL-Cholesterin.

Weniger Salz: Hilfreich ist auch, beim Essen Salz einzusparen. Vorsicht vor allem mit gepökeltem Fleisch und Salzgebäck. Ernähren sie sich möglichst kaliumreich: Bananen, Kartoffel, Erbsen, Spinat.

 

Mehr Infos:

Arztgespraech_AbschiedUniversitätsklinikum Jena, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Erlanger Allee 101, 07747  Jena

HOTLINE 03641 / 9324778,

Internet: www.idir.uniklinikum-jena.de

Hinweis: bei der vorgestellten Patienten-Reportage handelt es sich um einen Einzelfall. Der individuelle Behandlungsbericht erhebt nicht Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Bitte beachten Sie, dass meine Artikel in keinem Fall den Besuch beim Arzt ersetzen. Dieser Blog dient allein der medizinjournalistischen Information.

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About André Berger

Geboren in Hamburg. 1986-1990 freier Reporter. 1991 Redakteur Heinrich Bauer Verlag. Seit 1992 freier Medizinreporter Meine Arzt- & Patienten-Reportagen (Text & Fotos) erscheinen regelmäßig in den großen, wöchentlichen Publikums- und Frauenzeitschriften des Burda-Verlags, der Funke-Gruppe und des Bauer Verlages